Sonntag, 25. Februar 2018

Warum ich keinen Stop-Loss verwende

Nehmen wir mal an, du hast gerade eine neue Aktie in dein Depot gelegt. Du hast dir vorher gründlich überlegt, warum diese Aktie gut ist und möchtest langfristig am Erfolg des Unternehmens teilhaben. Als schönen Nebeneffekt bekommst du noch regelmäßig eine Gewinnbeteiligung in Form einer Dividende ausgeschüttet. So weit so gut. Was aber, wenn der Kurs der Aktie jetzt einbricht? Wie lange solltest du einen solchen Kurseinbruch mitmachen? 
Da sich wohl viele Anleger die Frage stellen wann sie eine Aktie verkaufen sollten, haben findige Bänker irgendwann mal den Stop-Loss erfunden. Damit lässt sich das verkaufen einer Aktie automatisieren, wenn ein bestimmter Kurs unterschritten wird. Damit muss der Anleger nur einmal festlegen, welchen Kursverlust er noch psychisch ertragen kann, bevor er die Aktie wieder loswerden möchte.

Da die meisten Aktien aber im Laufe der Zeit steigen, wäre es natürlich nicht sinnvoll beim Kaufen einen absoluten Kurs festzulegen bei dem die Aktie wieder veräußert wird. Angenommen du kaufst zum Kurs von 100 € und legst den Stop-Loss auf 90 €, also 10 % unter dem Einkaufswert. Die Aktie läuft gut und steigt langsam auf 200 €. Dann soll der Stop-Loss ja nicht bei 90 € stehenbleiben, sondern möglichst auf 180 € steigen um wieder 10 % unterhalb des Kurswerts zu liegen. Dafür wurde dann der Trailing-Stop-Loss erfunden. Dieser wird auf einen bestimmten Abstand festgelegt und steigt dann mit, wenn die Aktie steigt.



Soweit klingt das erstmal alles sehr sinnvoll und nach einer sicheren Sache. Was dabei sicher ist und was nicht, möchte ich jetzt mit euch diskutieren.

1. Stop-Loss festlegen

Zunächst einmal stellt sich die Frage an welcher Stelle, oder in welchem Abstand der Stop-Loss gesetzt werden sollte. Hier orientieren sich viele Chart-Techniker an sogenannten Unterstützungen und Widerständen. Damit werden bestimmte Umkehrpunkte im historischen Kursverlauf bezeichnet. Dabei ist eine Unterstützung der Punkt, den der Kurs beim letzten fallen nicht unterschritten hat. Ein Widerstand ist der Kurswert, den die Aktie beim letzten Anstieg nicht überschreiten konnte, bevor sie wieder gefallen ist. 

Meiner Meinung nach sind diese Widerstände und Unterstützungen rein zufälliger Natur und haben eher eine psychologische Wirkung auf viele Marktteilnehmer. Wir wissen aber auch: Wenn viele Marktteilnehmer daran glauben, dann erfüllt sich dieser Glaube allein schon dadurch, dass es so viele als gesichertes Wissen anerkennen.

Nehmen wir für die folgenden Überlegungen an, dass wir einen bestimmten Stop-Loss für unsere Aktie festgelegt haben. Sagen wir 10 % unterhalb des Einstandskurses. Ich möchte euch nun zeigen, wie sich die natürliche Volatilität von Aktien damit auf unser Verkaufsverhalten auswirkt.

2. Einfluss der Volatilität

Wie wir alle wissen unterliegen Aktien starken Schwankungen. Dieser Umstand wird auch oft als Aktien-Risiko bezeichnet und ist der Grund dafür, warum wir langfristig eine hohe Rendite erwarten dürfen. Allerdings haben diese Schwankungen einen enormen Einfluss auf unseren Stop-Loss, den wir eben bei 10 % unterhalb des Höchstkurses gesetzt haben.

Aufgrund der Volatilität gibt es jetzt drei mögliche Szenarien, die ich mit euch durchspielen möchte und bei der die natürlichen Unter- und Übertreibungen des Marktes eine wichtige Rolle spielen:

  1. Optimismus: Die Aktie steigt rasant an
  2. Pessimismus: Die Aktie fällt stark
  3. Seitwärtsbewegung
  4. Langsamer Anstieg

2.1 Optimismus

Angenommen der Markt befindet sich in einem rasanten Anstieg. Die Aktie steigt um 20, 30 oder sogar 50 %. Der Stop-Loss wird entsprechend nachgezogen, um Verluste zu begrenzen. Da keine Aktie nur eine Richtung kennt, wird es zwischendurch immer wieder zu kleinen Erholungen und Korrekturen kommen. Fällt der Kurs jetzt nur um 10,1 % von seinem Höchststand, so wird der Stop-Loss ausgelöst. Da es nur eine kleine Korrektur war, steigt die Aktie anschließend rasant weiter und wir verpassen diesen Anstieg. Damit stellt sich die Frage: Wann sollte ich wieder in die Aktien einsteigen? Vielleicht fällt sie nie wieder unter das Niveau bei dem mein Stop-Loss gegriffen hat und ich die Aktie verkauft habe.


2.2 Pessimismus

Angenommen der Markt befindet sich in einer starken Korrektur oder einem Bärenmarkt. Du kaufst die Aktie, weil du denkst viel weiter kann sie nicht fallen und die Aussichten für das Unternehmen sind gut. Um sicher zu gehen setzt du auch hier wieder einen Stop-Loss um dir nicht die Finger zu verbrennen. Leider fällt deine Aktie noch ein Stückchen weiter, der Stop-Loss wird ausgelöst und anschließend steigt die Aktie wieder, weil die Stimmung allmählich besser wird. Deine Annahme über das Unternehmen war richtig, leider hat der Stop-Loss verhindert, dass du Gewinn daraus ziehen konntest. Was bleibt ist ein kleiner Verlust von 10 % und die Erfahrung wie ein Stop-Loss dich ausbremsen kann.

2.3 Seitwärtsbewegung

Bewegt sich der Aktienkurs seitwärts, so gibt es wiederum zwei Möglichkeiten. Die Aktie kann wenig schwanken und der Stop-Loss wird nicht ausgelöst. Damit hast du nichts verloren, aber auch nicht viel gewonnen. Schwankt sie jedoch stark, so wird es zwangsläufig dazu führen, dass irgendwann der Stop-Loss ausgelöst wird. Jetzt kannst du nur hoffen, dass die Aktie erst gestiegen ist, bevor sie gefallen ist. Im Schnitt wirst du einmal Glück und einmal Pech haben. Was du auf jeden Fall hast sind Gebühren für Kauf und Verkauf der Aktie, wodurch insgesamt eine negative Bilanz entsteht.


2.4 Langsamer Anstieg

Dies wäre der optimale Fall bei der Verwendung eines Stop-Loss. Die Aktie schwankt nur wenig, steigt langsam und ohne große Schwankungen. Der Stop-Loss wird dabei immer weiter nachgezogen. Der Plan geht auf und wenn dann doch irgendwann eine Korrektur ansteht, oder das Unternehmen den Bach runter geht, dann bist du fein raus, weil der Stop-Loss deinen Gewinn absichert, den du über einige Zeit gemacht hast. An dieser Stelle solltest du dir jedoch die Frage stellen wie wahrscheinlich dieses Szenario ist. Gibt es überhaupt eine Aktie, die über mehrere Jahre hinweg stetig steigt ohne größere Korrekturen? Selbst eine Nestlé oder Coca-Cola unterliegen starken Schwankungen und das obwohl sie sehr krisensicher sind. Dies führt uns auch schon zum nächsten Punkt, der langfristigen Orientierung.

3. Langfristige Orientierung

Ich plane meine Investments für einen langen Zeithorizont. Damit meine ich 20 Jahre und mehr. Wenn ich von den Unternehmen überzeugt bin, dann sollten mir kurzfristige Schwankungen nichts ausmachen. Dabei kann eine Aktie auch mal mehr als 50 % fallen, wenn ein Crash stattfindet. Da die Kurse sich nach einem Crash jedoch meist schneller erholen als einem lieb ist, kann ein Stop-Loss dazu führen, dass die Aktien im schlechtesten Moment verkauft werden und damit die starke Aufwärtsbewegung nach einer Korrektur verpasst wird. Man kauft dann teurer wieder ein, als man verkauft hat. Wer sich die historischen Crashs und Korrekturen anschaut sieht, dass nach einem Crash wie 2008/2009 meist ein sehr steiler Anstieg an den Börsen stattfindet, wenn die Phase des Pessimismus überwunden wurde.

4. Fazit

Meiner Meinung nach ist der Stop-Loss ein Instrument für unsichere Anleger, die nicht von ihren Investments überzeugt sind. Für Spekulanten, die kurzfristige Performance suchen. Jedoch nichts für langfristig orientierte Anleger. Die Unsicherheit und Verlustaversion vieler Anleger führt dazu, dass sie sich mit einem Stop-Loss besser fühlen, weil sie dadurch wissen wie viel sie verlieren werden. Leider führt das in den meisten Fällen dazu, dass genau das auch passiert. Sie verlieren. Die natürlichen Schwankungen lösen Stop-Loss-Verkäufe aus und anschließend müssen wieder neue Aktien gekauft werden, wenn das Geld nicht nur rumliegen soll. Dadurch werden gleich zweimal Gebühren generiert und die Bank freut sich.

Viele Einbrüche sind nur kurzfristig und interessieren mich als langfristigen Anleger nicht. Dazu kommt, dass ich keine Dividende erhalten würde, wenn meine Aktien aufgrund von Stop-Loss-Kursen verkauft werden würden. 

Wenn ein Stop-Loss sinnvoll ist, warum gibt es dann keinen Stop-Win?

2 Kommentare:

Nico hat gesagt…

Hallo Privatanleger,

in meinen Augen sollte man als langfristiger Anleger die Finger von einer Stop-Loss Order lassen.

Es ist dennoch sinnvoll, schon beim Kauf einer Aktie ein Ausstiegsszenario festzulegen, also einen mentalen Stop-Loss. Denn der Kurs einer Aktie kann auch innerhalb weniger Stunden stark fallen (zum Beispiel bei einem "Flash Crash") und dann bist du dein Investment schnell los. Vielleicht sogar weit unter deinem Stop-Loss Kurs.

Wenn du einen mentalen Stop-Loss Kurs festlegst, kannst du in der Situation immernoch ganz in Ruhe darüber nachdenken, ob sich an deiner ursprünglichen Investmententscheidung etwas geändert hat (schlechte Zahlen, getrübte Wachstumsaussichten, Insolvenzgefahr) oder ob du an deinem Unternehmen weiterhin festhalten willst.

Übrigens: Es gibt auch "Stop-Win" Orders. Die heißen dann aber Limit Verkaufsorder. Damit kannst du Aktien verkaufen, wenn sie einen bestimmten Kurs überschritten haben. =)

Beste Grüße
Nico von meine-finanzverwaltung.de

Der Privatanleger hat gesagt…

Hallo Nico,

in dem Punkt gebe ich dir recht. Man sollte sich schon beim Kauf, oder besser bevor man anfängt zu investieren, überlegen wann man eine Aktie wieder verkauft. Das ist für mich ein wichtiger Teil der langfristigen Strategie und Aktienauswahl. Aber genau solche Situationen bildet ein Stop-Loss ja nicht ab, wie du richtig bemerkt hast. Deshalb ist er für mich auch kein sinnvolles Hilfsmittel bei langfristigen Investments.

Viele Grüße!